Wer aufgehört hat zu lernen, der hat aufgehört zu leben. (K.Marcel)
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Es scheint unglaublich, dass jeder siebente Erwachsene in Deutschland nicht ausreichend lesen und schreiben kann. Deutschland hat doch Schulpflicht! Es gibt doch flächendeckend Schulangebote für alle! Wie kann die Grundbildung im Erwachsenenalter so mangelhaft sein?
Denkfehler Nummer 1: Schulbildung hält ein Leben lang.
Lesen, schreiben, rechnen und mitdenken sind vergängliche Fähigkeiten. Wie alle anderen menschlichen Fähigkeiten müssen sie regelmäßig trainiert werden. Erwachsene, die im praktischen Berufsleben stehen, haben nicht mehr regelmäßig Anlass längere Texte zu lesen oder zu schreiben. Langsam und unbemerkt kommen sie aus der Übung und machen mehr Fehler als zuvor.
Ein Land, das auf Grund dieser Denkfehler an Erwachsenenbildung spart, verspielt seine Chance in der modernen Gesellschaft zu bestehen.
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Die Methoden der Erwachsenenbildung sind vielfältig und haben mit den Zwängen der Schulbank nichts gemein. Es braucht Mut, nach einer längeren Pause wieder mit dem Lernen anzufangen. Aber der Schritt lohnt sich!
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Wie kann die Nationale Dekade zur Alphabetisierung und Grundbildung in Sachsen-Anhalt umgesetzt werden? Wie könnte eine flächendeckende Grundbildung für Erwachsene vor Ort aussehen?
Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass eine zentrale Netzwerkstelle nicht ausreicht, um in der Fläche zu wirken. Die Entwicklung regionaler Grundbildungszentren scheint eine gute Ergänzung zu sein. Ein Grundbildungszentrum kann als verbindliche Kooperation vor Ort handeln. Es kann Initiativen und Angebote bündeln, lokal sinnvoll gestalten und sie in die Öffentlichkeit tragen.
Grundbildungszentren sind mehr als Lernorte. Sie funktionieren eher wie ein gut strukturierter Arbeitskreis, der verschiedene Partner befähigt, das Thema Grundbildung in ihren Kommunen zu verorten. Jobcenter, Volkshochschulen und freie Bildungsträger sind als Kooperationspartner gefragt. Wertvoll sind aber auch andere, weniger offensichtliche Bildungspartner. Dazu gehören die Bibliotheken, das Theater, die öffentliche Presse, Lokale Bündnisse, sowie kostenfreie Wochenzeitungen und Vereine.
Besonders wichtig ist es, vielseitige und niedrigschwellige Angebote für Erwachsene zu entwickeln, die sie in ihrer Teilhabe stärkt. Dabei geht es nicht nur um Lesen und Schreiben, sondern auch darum, Gesundheit, finanzielle Fähigkeiten oder andere Grundkompetenzen ein Leben lang zu unterstützen. Das Grundbildungszentrum ist die zentrale Schaltstelle, die den Bedarf für Grundkompetenzen in der Region nicht aus den Augen verliert.
Obwohl sehr viele Menschen in Deutschland fehlerhaft lesen und schreiben, ist die Alphabetisierung und Grundbildung für Erwachsene in den letzten zehn Jahren kaum vorangekommen. Ein wichtiger Grund für den langsamen Fortschritt ist der fehlende politische Wille. Die Politik hat – trotz international gesteckter Ziele- der fortlaufenden Grundbildung für Erwachsene bislang keine Priorität eingeräumt. Um diese Situation regional zu ändern, übernimmt das Grundbildungszentrum auch eine wichtige bildungspolitische Funktion.
Die Arbeitsschwerpunkte eines regionalen Grundbildungszentrums sind:
Solidarität heißt heute nicht mehr so sehr, die Schwachen zu schützen – sondern sie so zu stärken, dass sie an der Gesellschaft teilhaben können.
(Martin Dornes im Interview mit Psychologie Heute, Mai 2012)