Humane Bildung als Praxis der Freiheit

Foto: Winkler

Paolo Freiere spricht von einer Pädagogik,  in der unsere Worte zur Praxis der Freiheit werden können. Indem wir frei sprechen und handeln, werden wir frei. Humanisierung ist Emanzipation und Emanzipation macht uns menschlich.

Hier entsteht eine spannende Resonanz zwischen Paolo Freire’s Pädagogik und den ersten Anfängen der systemischen Familientherapie nach Virginia Satir (1916 –1988). Virginia Satir wird oft  auch als Mutter der Familientherapie bezeichnet. Für sie gelten fünf Freiheiten, die unser „Menschschein“ ausmachen:

  1. Die Freiheit zu sehen und zu hören was im Moment wirklich da ist, anstatt was sein sollte, gewesen ist oder erst sein wird.
  2. Die Freiheit das auszusprechen, was ich wirklich fühle und denke, und nicht das, was von mir erwartet wird.
  3. Die Freiheit zu meinen Gefühlen zu stehen, und nicht etwas anderes vorzutäuschen.
  4. Die Freiheit um das zu bitten, was ich brauche, anstatt immer erst auf Erlaubnis zu warten.
  5. Die Freiheit in eigener Verantwortung Risiken einzugehen, anstatt immer nur auf Nummer sicher zu gehen und nichts Neues zu wagen.

Wie aktuell die Frage nach einem humanisierenden Bildungsansatz inzwischen wieder diskutiert wird, zeigt die online Bildungsforschungstagung 2021 des BMBF, an der in diesem Jahr 1200 Personen teilnahmen. Hier wurde Prof. Dr. Julian Nida-Rümelin (LMU München) mit folgendem Thema auf die zentrale Bühne gestellt: Eine Philosophie humaner Bildung. Seine Kernthese:

Die Aufgabe von Bildung ist es, Menschen zu Autorinnen und Autoren ihres eigenen Lebens zu machen. Bildung muss ganzheitlich gedacht und Bildungsreinrichtungen als wichtige Bestandteile der Sozialisation gesehen werden, damit insbesondere Benachteiligte nicht zurückbleiben – das zeigt die Pandemie sehr deutlich.

„Die Pädagogik der Unterdrückten, von echter, humanistischer (nicht humanitärer) Großzügigkeit beseelt, bietet sich als eine Pädagogik des Menschen dar.“ (Paolo Freire, Pädagogik der Unterdrückten, S. 41)

  • Wie verändert sich unser Blick auf Grundbildung Erwachsener, wenn es in unserer pädagogischen Arbeit um Satir’s fünf Freiheiten geht?
  • Inwiefern ist unsere derzeitige Bildungspraxis eine Praxis der „Unfreiheit“?
  • Wie wahrhaftig stufen wir das Interesse der aktuellen Bildungsakteure an humanisierender Bildung ein?

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